Veröffentlicht im Dezember 2021-Kategorie: Programm-Schlagwörter: , -

Prof. Hanna Liss, Hochschule für Jüdische Studien

Die Masora zur Hebräischen Bibel liegt heute in verschiedenen Rezensionen innerhalb und außerhalb der Bibelcodices vor, von denen bis heute ausschließlich die orientalische Tradition anteilig bearbeitet und allgemein beachtet wird. Ziel des Projektes ist die erstmalige Aufarbeitung der westeuropäischen (ashkenasischen) Masoratradition zwischen dem 11. und 13. Jh, die sich von der orientalischen Masora nicht nur philologisch unterscheidet, sondern bereits in ihrem äußeren Erscheinungsbild als masora figurata darauf hinweist, dass die Masora unter den Juden Westeuropas in ganz eigener Weise rezipiert wurde, anders, als dies in der orientalisch sefardischen Gelehrtenkultur der Fall war. Die ashkenasischen Juden suchten mit exegetischen und künstlerischen Mitteln, die masoretische Tradition der orientalischen Codices und damit jene in Auseinandersetzung mit dem Islam entwickelte sprachwissenschaftlich grammatische Wissenstradition in das durch die rabbinische Gelehrtenkultur bestimmte religiöse Denken Westeuropas zu integrieren. Dieser Inkulturationsprozess der Masora ist ohne die Auseinandersetzung mit der christlichen Umwelt (Theologie; Ikonographie, Buchmalerei, Architektur) nicht denkbar. Die hier avisierten Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die europäische Geschichte des masoretischen Bibeltextes und seiner Auslegung und liefern damit wichtige wissenschaftliche Impulse nicht nur für die Jüdischen Studien, sondern auch für die jüdische und christliche Theologie sowie die mittelalterliche Kunstgeschichte. Die philologische Arbeit ist dabei von Anfang an in eine digitale Arbeitsumgebung integriert (BIMA: Biblical Masora Database). Das Projekt arbeitet mit der Universitätsbibliothek Heidelberg zusammen.